Das heutige Matinéekonzert stand unter dem Motto „Teufelspakt“. Auch wenn ich mir manche Dinge gar nicht vorstellen kann, der Teufelspakt gehört nicht dazu. Ich bin ein nicht zu ängstlicher Mensch und habe von Goethe gelernt, dass solch ein Pakt zeitweise ganz nützlich sein kann. Entsprechend eingestimmt besuchte ich das Konzert.
Die Musik, die geboten wurde, war allerdings gar nicht so „teuflisch“. Unter dem Dirigat von Daniel Cohen, der sehr lebhaft agierte, spielte das MDR-Sinfonieorchester zunächst „Le carneval romain“, eine Ouvertüre von Hector Berlioz. Es ist ein sehr schnelles Stück und hat mir gut gefallen. Ursprünglich hatte Berlioz eine Oper geschrieben, die aber nicht gut ankam. Er verarbeitete einige Themen aus der Oper zu dieser hörenswerten Ouvertüre. Das Karnevalstreiben konnte ich mir bei der temperamentvollen Musik gut vorstellen.
Es folgte „Faust et Hélène“ von Lili Boulanger. Die Musik bezieht sich auf Szenen in Faust II, geschrieben von Eugène Adénis. Faust, der nach dem sittsamen Gretchen ein Abenteuer sucht, trifft auf die schöne Helena. Hier war die Musik teilweise mystisch. Drei Vokalsolisten übernahmen die Rollen von Helena, Faust und Mephisto. Lili Boulanger gewann mit dieser Kantate als erste Frau den Rompreis. Die Musik entsprach dem Text. Faust, verliebt in Helena, und die Ahnung, dass Helena für die Menschen Verderben bedeutet sind sehr gut zu hören gewesen. Mephisto hat in diesem Moment keine Macht über Faust. Mich hat auch das Schicksal der Komponistin bewegt, die hochbegabt war. Als sie 19-jährig den Rompreis gewann, schrieb eine Zeitung, dass das doch „nur“ eine Frau komponiert hat. Lili Boulanger wurde leider nicht ganz 25 Jahre alt, weil sie mit Krankheiten, wie chronischer Lungenentzündung und Morbus Crohn, zu kämpfen hatte und hat dennoch Bleibendes hinterlassen.

Nach der Pause hörten wir die Sinfonie „Manfred“ von Peter Tschaikowski, nach dem gleichnamigen Versdrama von George Lord Byron. Der Inhalt des Dramas beschreibt vor allem Trauer und den Wunsch zu sterben. In der Sinfonie wird nicht gesungen, man muss nachlesen, worum es geht oder vertraut seinen eigenen Empfindungen und begibt sich entsprechend auf eine Entdeckungsreise. Ich habe dies getan und gespürt, dass Tschaikowskis Musik nicht nur traurig ist, sondern auch sanft und sehr melodisch. Zu den Orchesterinstumenten zählten auch zwei Konzertharfen und die große Gewandhausorgel, was mich freute, denn sie gehören zu meinen Lieblingsinstrumenten.

Nach dem Konzert gab es für Interessierte einen Kulturschmaus, der bei allen – Orchesterfreunden und Musikern – gut ankam. Wir führten zwanglose Gespräche über Kultur, besonders Musik, und lernten uns ein bisschen besser kennen.

Liebe Frau Friede, wie schön, dass Sie uns Ihre Eindrücke aus dem Konzert schildern. Goethes Faust und der Teufelspakt bewegen doch immer wieder und bringen sicher auch weiterhin noch viele Kompositionen hervor. Wie schön, dass u.a. auch diese eher selten gespielte Komposition von Lili Boulanger auf dem Programm stand.
Und wie toll, dass es nach dem Konzert zum Zusammentreffen von Orchesterfreunden und mdr-Musiker:innen kam. Ich finde, den Namen Kulturschmaus hatte dieses Treffen wirklich verdient. Schön, dass man einige Orchesterfreunde auf diese Weise näher kennenlernt und auch von ihren Vorlieben beim Musikhören erfährt, denn jeder hört Musik anders. Das reichte vom wirklichen „Erleben“ von Klängen speziell beim Kontrafagott (in diesem Programm war eines der seltenen Soli für dieses Instrument zu hören), dessen Schwingungen man nur live vor Ort spüren kann oder auch vom Schildern des Erlebnisses eines Orchesterfortissimos. Das ist für uns Musiker sehr interessant und auch eine Art von Wertschätzung. Der Wunsch nach Fortsetzung wurde bereits laut und ich denke, wir sollten diesem Wunsch ab und zu Raum geben und uns wieder verabreden.
In diesem Sinne, bis bald und herzliche Grüße, Susanne Schneider
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