Die taiwanesische Geigerin Tsung-Chih Lee startete ihre Laufbahn im MDR Sinfonieorchester als Praktikantin und gewann dort nur kurze Zeit später eine Tutti-Stelle in der Gruppe der 1. Violinen. Vorausgegangen war diesem Praktikum eines beim Staatstheater Darmstadt. Seit 2018 ist sie festes Mitglied des Sinfonieorchesters des Mitteldeutschen Rundfunks und besticht dort nicht nur durch ihr Geigenspiel und ihr strahlendes Lächeln. Mehr über die junge Musikerin können Sie in diesem Blog Beitrag erfahren.
Tsung-Chihs musikalischer Werdegang war bereits im Mutterleib vorgezeichnet. Nicht nur ihre Großeltern und ihre Mutter sind KlavierlehrerInnen, sondern auch ihre ältere Schwester lernte Klavier, weshalb ihre Mutter, als sie mit Tsung-Chih schwanger war, eine Geige kaufte. Denn diese sollte ein anderes Instrument lernen, so entschied sie. „Zu Beginn war es zwar nicht meine eigene Entscheidung, doch nach Jahren des Geigenstudiums, merkte ich, dass dieses Instrument eben genau jenes ist, mit dem ich Musik gestalten möchte und was ich mir für mein Leben wünsche“, so beschreibt die sympathische Geigerin ihre Beziehung zu ihrem Instrument.

Das Klavier sollte dennoch eine wichtige Rolle im Leben der 1988 in Taipeh geborenen Taiwanesin spielen. Ihr erstes musikalisches Erlebnis schildert sie nämlich so: „Als ich ein Jahr alt war, begann ich mit dem Klavierspiel. Auch, wenn ich zunächst nur ein paar Töne darauf klimperte, so hat es mir doch Spaß gemacht! Richtig mit dem Klavierspiel angefangen habe ich im Alter von 4 Jahren.“ So kommt es – ungewöhnlich genug –, dass Tsung-Chih sowohl als Geigerin als auch als Pianistin Preisträgerin verschiedener nationaler Musikwettbewerbe wurde. Auf beiden Instrumenten schloss sie 2007 ihre Ausbildung am Musikgymnasium in Taipei ab. Zudem liebt sie das Spiel auf der Er- Hu, einem chinesischen Streichinstrument.

Ihr Violinstudium begann sie zunächst bei Prof. Shian-Da Su an der Universität der Künste Taipei und wechselte anschließend in die Klasse von Prof. Viviane Hagner an die Musikhochschule Mannheim. 2011 absolvierte sie ein Privatstudium bei Prof. Klaus Hertel in Leipzig, darauf folgend bekam sie weitere musikalische Impulse u. a. von Gerard Poulet, Sherry Kloss, Wolfram König, Qian Zhou und Kirill Troussov.
An ihrem Beruf fasziniert sie am meisten, dass sie und hundert ihrer „KollegInnen ihre Seele in die Musik geben, um ein Werk zu erschaffen. Diese Art eines magischen Momentes kann man nicht allein verwirklichen.“ Aus diesem Grund bewarb sich Tsung-Chih in verschiedenen Orchestern und wurde von 2012 bis 2016 als Mitglied der 1. Violinen im Kaohsiung Sinfonieorchester fest angestellt.
In diese Zeit fällt wohl auch ihr bisher außergewöhnlichstes Erlebnis im Orchester: „Wir führten in einem Konzert in Taiwan den ‚Mambo‘ aus der ‚Westside Story‘ von Leonard Bernstein auf. Während wir spielten, sollten wir am Ende aufstehen und zu einem Feuerwerk an einem großen nahegelegenen See tanzen. Es war ein unglaubliches Erlebnis!“

Auch als Solistin trat Tsung-Chih mehrfach auf, u.a. mit dem Kurpfälzischen Kammerorchester Mannheim, 2020 auch mit der Kammersymphonie Leipzig. In diesem Zusammenhang nennt sie auch ihre prägendste künstlerische Erfahrung: „Einmal spielte ich als Solistin vor dem König und der Königin von Malaysia.“
Nach ihren liebsten Werken und Komponisten gefragt, antwortet die charmante Taiwanesin: “Ich liebe es ‘La Mer’ von Debussy zu spielen, es enthält so viele Farben und Lichter, die sich mit atemberaubenden Harmonien und wunderschönen Linien ändern. Ich mag außerdem die symphonischen Werke von Mahler sehr, sie zu spielen ist wie Abenteuer in der Musik zu erleben, jedes Mal ist wie eine neue Episode.“ Doch auch Bach nennt die Wahl-Leipzigerin: „Meine Lieblings-CD ist die 1981 Remaster – Aufnahme der ‚Goldbergvariationen‘, gespielt von Glenn Gould.“
Diese und andere Interpretationen anzuhören ist eine von Tsung-Chihs Freizeitbeschäftigungen. Sie liebt es zu malen, Filme anzuschauen, zu lesen und Videospiele zu spielen. Doch auch die Natur genießt sie – sie fährt Fahrrad und reist gern.
Fragt man sie welchen Dirigententypus sie bevorzugt – den, der die Zügel fest in der Hand hält oder den, der viele Freiheiten lässt, entgegnet sie: „ Ich bevorzuge die Mitte – dass in manchen Momenten der Dirigent die Kontrolle übernimmt, um die Energie zu bündeln, aber in bestimmten Augenblicken auch die Freiheit lässt, dass das Orchester selbst die Musik führt.“
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