Zu Besuch bei Schumanns

Das Vereinsleben nimmt langsam wieder Fahrt auf. Am 23. Oktober 2021 war es nach langer Zeit endlich möglich, sich zum gemeinsamen Museumsbesuch zu verabreden. Es ging ins Leipziger Schumannhaus. Für mich, Susanne Schneider, war es nach dem Samstags-Dienst am Vormittag im Gewandhaus nur ein kleiner Weg vom Augustusplatz hinüber in die Inselstraße. Ich möchte mit diesem Blogartikel noch einmal Rückschau auf den Nachmittag halten.

Trotz schwieriger Verkehrsverhältnisse an diesem Tag in Leipzig fanden viele mdr-Orchesterfreunde den Weg ins Museum und kletterten die alte hölzerne Treppe in den ersten Stock des alten Hauses empor. Allen stand die Vorfreude auf diesen gemeinsamen Nachmittag ins Gesicht geschrieben und unter Einhaltung der 3G-Regeln stand dem gemeinsamen Besuch auch nichts im Wege. Nach dem Ankommen und Austausch einiger Geschichten zu diesem Haus (es gab einst im MDR-Sinfonieorchester Musiker, die in diesem Haus wohnten… wir werden diese Geschichte noch recherchieren und hier weitergeben) versammelten wir uns im Saal des Hauses, der damals von mehreren Mietparteien gemeinsam als Salon und Gesellschaftsraum genutzt wurde. Rechts und links des Saales befanden sich die Wohnungen der einzelnen Mieter. Heute findet man in diesen Räumen die neugestalteten und sehr sehenswerten Ausstellungsräume.

Ich zitiere kurz die Website des Schumannhauses:

Ihre glücklichen ersten vier Ehejahre verbrachten Clara und Robert Schumann in dem von Friedrich August Scheidel 1838 im klassizistischen Stil errichteten Haus in der Inselstraße 18. An ihrem 21. Geburtstag bezogen die frisch Vermählten ihr erstes gemeinsames Domizil in einem aufstrebenden neuen Stadtteil, der sich zum Zentrum des Buchgewerbes entwickelte. Zahlreiche Verlage und Buchdruckereien siedelten sich an, darunter Breitkopf & Härtel und C. F. Peters sowie F. A. Brockhaus und Reclam.

Regelmäßig begrüßte das Künstlerpaar berühmte Persönlichkeiten wie Felix Mendelssohn Bartholdy, Franz Liszt und Hector Berlioz. In der Inselstraße komponierte Robert Schumann einige seiner bedeutenden Werke, beispielsweise den Liebesfrühling op. 37 zusammen mit Clara, die Frühlingssinfonie op. 38 sowie sein Klavierquintett op. 44, das seine Frau im Gewandhaus uraufführte.

Franziska Hiller führte uns auf zu Beginn des Nachmittags in die damalige Welt der Schumanns ein, erzählte, wie Clara und Robert Schumann aufwuchsen und von ihrem langen Weg, ein Paar zu werden, wie sich das Leben in der ersten gemeinsamen Wohnung und darüber hinaus wohl abspielte. Zahlreiche Zitate aus dem gemeinsamen Ehetagebuch eröffneten uns sehr anschaulich das frühere Leben in diesem Haus. Danke für diese Stunde! Wir lauschten sehr interessiert und begeistert. Dieses Paar fasziniert mich persönlich immer wieder, es ist eine Freude, in den uns erhaltenen Aufzeichnungen der beiden zu lesen!

Nach der Einführung hatten die Vereinsmitglieder Gelegenheit, sich in der Ausstellung umzusehen. Ich kann nur sagen, es lohnt sich! So liebevoll gemacht sind die Installationen zu verschiedenen Themen rings um die Schumanns oder auch das von der Grundschule genutzte Klanglabor, die Reisebeschreibungen… Das Schumannhaus bietet so viele Anregungen, schauen Sie unbedingt auch auf der Website vorbei, da gibt es auch Online-Führungen durch das Haus (sicher interessant für Nichtleipziger, die weit weg wohnen). Wenn ich meiner Begeisterung Luft machen würde, wäre dieser Blogartikel sehr, sehr lang.

An diesem Nachmittag hatten wir uns ergänzend noch einen besonderen Gast eingeladen. Es war die erste Veranstaltung des Vereins seit Beginn der Coronakrise. Die Konzerte, das Kulturleben wurden schmerzlich vermisst, die Zeit oft von vielen als trostlos dargestellt. Sicher war das rein wirtschaftlich gesehen auch so. Dass es für manche Künstler aber dennoch keine verlorene Zeit war, sondern eine Gelegenheit, diesen „Stillstand“ mit ganz besonderen Dingen zu füllen, für die sonst nie Zeit gewesen wäre, davon erzählen einige Projekte.

Eva Meitner, freischaffende Dirigentin, stand plötzlich vor dem Problem, dass es ihren Beruf in einer Zeit der Kontaktbeschränkungen plötzlich nicht geben durfte. Von jetzt auf gleich Stillstand, Verdienstausfall. Sie erzählte uns, wie sie nach einem ihrer täglichen Spaziergänge im Kulturlockdown den Plan fasste, jeden Tag ein minikleines Video mit ihren Spielzeugpianos einzuspielen, im Netz zu veröffentlichen und dann zu schauen, was passiert. Einfach, um wieder Musik machen zu können. Geboren war die Idee ihrer kleinen „Daily Coco´s“ (tägliches Corona Concert) im handlichen Minutenformat, denn länger als eine Minute waren die Stückchen selten. Im Repertoire wanderte sie quer durch alle Genres, von Klassik bis Pop, auf ihrem YouTube-Kanal ist alles nachzusehen, 406 Tage gab es am Stück jeden Tag ein Coco, dann war eine Pause und nun geht es 1-2mal wöchentlich weiter. Hier ein paar kleine Eindrücke von unserem kleinen Konzert live mitgeschnitten im Schumannhaus.

Maria Szymanowska – aus dem Nocturne „Le murmure“
Robert Schumann – Kleine Studie
Clara Schumann – Der Abendstern
Robert Schumann – Puppenschlafliedchen

Schnell stellte sich heraus, dass das ein ganz wunderbares Format war, um über Kultur ins Gespräch zu kommen, über ein bzw. mehrere Stipendien war auch die finanzielle Seite einigermaßen abgedeckt, regelmäßige Spenden kamen noch dazu. Es bildete sich ein kleines, aber feines Netzwerk aus. Die kleine Community mit neugierigen Kulturinteressierten wartete regelrecht auf die täglichen Videos (über 400 wurden es bisher), man reagierte aufeinander, kommentierte, viele Fragen kamen auf, man traf sich in virtuellen Salons zum Austausch und sprach über die Zeiten, in denen die Kompositionen entstanden, über Komponist*innen, Künstler*innen und über Parallelen zu unseren heutigen Zeiten. Viele Anregungen schnappte man gegenseitig auf und verfolgte vieles weiter, jeder trug etwas bei. An dieser Stelle kam die Sprache natürlich auf das GoetheMoMa von Damian Mallepre, das ich an dieser Stelle ganz herzlich als weiteren Weg in die kulturvolle Netzgemeinschaft empfehlen möchte.

Nun, da das Kulturleben wieder in alte (leider oft eher konsum- und weniger inhaltsbasierte) Bahnen zurückkehrt, gilt es, manches aus dieser Krisenzeit festzuhalten und weiterzuverfolgen. Solche Projekte, um die sich eine kleine (Netz-)Community bildete, sollten weiter online stattfinden, aber nun auch ins reale und manchmal sehr netzferne Kulturleben überführt werden. Es wäre schade, wenn keine Zeit mehr ist, den Austausch fortzusetzen.

(Leider ist der Videoausschnitt etwas verrutscht… das passiert, wenn man mit einfachsten Mitteln mitschneidet, aber was das Video zeigt, ist umso wichtiger und gerade deshalb nehme ich diesen Ausschnitt mit in den Artikel hinein. Es ist nicht wichtig, wie etwas abgebildet wird, sondern worüber man mit wem spricht. Das sollten wir uns unbedingt bewahren aus dieser Zeit der Krise.)
By the way… Klaviertransport war noch nie so einfach! Ideal für kleine Wohnungen. 😉

Dieser Nachmittag im Schumannhaus war eine wunderbare Gelegenheit, sich in altehrwürdigen Gemäuern an vergangene Zeiten zu erinnern, die Auswirkungen damaligen Schaffens auf die heutige Zeit zu beleuchten und mit neuem Leben in Berührung zu kommen. Ich denke, die anwesenden Vereinsmitglieder hatten ihre Freude daran. Danke, liebe Eva Meitner, für diese Einblicke und alles Gute für die Zukunft der Cocos!

Ganz besonderer Dank geht natürlich auch an den wunderbaren Schumannverein, in dessen Räumen wir an diesem Nachmittag so warme Gastfreundschaft genießen konnten. Vielen herzlichen Dank dafür!

6 Kommentare zu „Zu Besuch bei Schumanns

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  1. Liebe Susanne,
    wunderbar, die Kultur so lebendig zu sehen, danke für die Einblicke. Was in den Sozialen Medien an Austausch möglich ist, an gemeinsamen Zusammentragen von Erkenntnissen und Erlebtem, kann kein Fernsehsender der Welt erreichen. Ja, das GoetheMoMa ist wie die CoCos auch ein Pandemieprodukt. Es geht aber weiter. Und ja, es wäre tatsächlich auch schön, wenn es von Treffen vor Ort ergänzt würde. Aber das kann sich ja langsam entwickeln.
    Dass ich so oder so, nicht nur wegen Schumann, mal nach Leipzig kommen muss, ist ja eh sonnenklar.
    Ganz herzliche Grüße!
    Damian

    Gefällt 1 Person

    1. Lieber Damian,
      sonnenklar, dass du nach Leipzig kommen musst! Der junge Herr Goethe hat hier Herzen eingerissen und junge Sängerinnen bewogen, nach Weimar zu ziehen… und das war kein Pandemieprodukt! 😉 Kultur ist so etwas Wunderbares, wenn man lebendig davon erzählt. Man zieht hier an einem Zipfel und bringt eine Lawine ins Rollen. Vielen Dank für die vielen interessanten Einblicke und den so inspirierenden Austausch im Goethe-Moma. Treffen vor Ort sind gerade für unseren Verein so wichtig, denn viele sind nicht im Netz unterwegs. Umso schöner entwickelt sich aber zunehmend der Austausch über Erlebtes, wenn man diese (Online)Dinge wirklich vor Ort zeigt. Wie gut, dass wir alle im letzten Jahr so viel Zeit für den Onlineaustausch hatten und so schöne Projekte begannen. Es muss einfach weitergehen! Aufhören ist keine Option…
      Vielen lieben Dank und herzliche Grüße,
      Susanne

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  2. Liebe Susanne, lieber Damian,
    Was für ein toller Artikel und was für wundervolle Kommentare hier! Ich bin so beglückt über unsere vielen bereichernden online Begegnungen, den Austausch in unserem herrlichen digitalen Salon und ganz besonders darüber wie dies nun auch ins reale Leben ausstrahlt und wir uns auch „in echt“ begegnen. Das ist einfach großartig! Es war mir ein riesiges Vergnügen mein erstes solo Coco Konzert live für die MDR Orchesterfreunde zu spielen – welch ein würdiger Auftakt und dazu noch an diesem wundervollen Ort, dem Schumann Haus! Ich freue mich sehr, dass es allen so gut gefallen hat 🤗🎵🎶 Wenn Damian nach Leipzig kommt, müssen wir unbedingt gemeinsam etwas machen, finde ich. Ihr zwei sehr das doch gewiss genauso? 😃☀️ Herzliche Grüße an alle Kultur- und Musikfreunde hier!

    Gefällt 1 Person

    1. Auf alle Fälle! 😊

      Vielen Dank, liebe Eva, dass wir die Premiere erleben durften! Ich fand es so herrlich, wer spielt schon in einem echten Konzert auf Spielzeugklavieren. Ein Erlebnis. Wenn Clara Schumann das in ihrem Salon hätte hören können. Sie wäre sicher begeistert gewesen. 🤩
      Bis bald! Herzliche Grüße, Susanne

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