Es wird Zeit, hier im mdr-Orchesterfreundeblog wieder einmal eine neue Kollegin vorzustellen. Vor einem reichlichen Jahr wurde Henriette Störel neue Solo-Es-Klarinettistin und bereichert mit dieser kleinen Klarinette die höchsten Register des MDR-Sinfonieorchesters.
Herzlichen Glückwunsch zum bestandenen Probejahr, liebe Henriette! Seit einem Jahr bist du Solo-Es-Klarinettistin im MDR-Sinfonieorchester und wir wollen dich ein wenig ausfragen.
Wie lange begleitet dich Musik in deinem Leben?
Wie sicherlich bei vielen Musikern schon seit meiner Kindheit, meine Eltern sind beide studierte Musiklehrer, da gehörte Singen und geschäftiges in-Noten-blättern als Kind dazu. Mit 5 Jahren habe ich mit Blockflötenunterricht begonnen, mit 11 Jahren kam die Klarinette dazu.

Gab es ein erstes musikalisches Erlebnis, das den Anstoß gab, Musiker zu werden oder bist du da einfach so hineingerutscht?
Eher letzteres. Im Jugendsinfonieorchester der Musikschule Leipzig hat es mir super viel Spaß gemacht und auch bei den üblichen Wettbewerben (Jugend musiziert) war ich erfolgreich, sodass ich dann schon zu Schulzeiten Mitglied der Nachwuchsförderklasse der HMT Leipzig war. Von da an war der Weg vorgezeichnet.

Warum wurde die Klarinette „dein“ Instrument?
Daran kann ich mich tatsächlich gar nicht erinnern. Ich habe mal auf einer Töne rausbekommen und da stand für mich fest – das will ich mal lernen. Vielleicht auch, weil es sich so schön auf meinen Namen reimt?

Gibt es ein Stück über das Du Dich besonders freust, wenn es auf dem Programm steht, weil du es sehr gern im Konzert spielst? Welche Komponisten/Werke magst du besonders?
Richard Strauss! Zum einen natürlich, da dort häufig die hohe Klarinette eine wichtige Rolle spielt, zum anderen weil es einfach tolle Musik ist. Technisch sehr anspruchsvoll und dann wieder traumhafte romantische Melodien.
In einem Rundfunkorchester ist ein sehr vielfältiges Programm zu spielen. Sehr groß besetzte Sinfonien, klein besetzte Kammerwerke, moderne Stücke der unterschiedlichsten Stilrichtungen, Chormusik mit dem mdr-Chor und dem mdr-Kinderchor, Chorsinfonik… vom Standard-Repertoire jedes Sinfonieorchesters bis zum kleinen Wiegenlied mit Kinderchor oder musikalischen Experimenten in der Kompositionswerkstatt begegnet einem alles, als Rundfunkmusikerin muss man vielseitig sein, der Vorbereitungszeitaufwand ist oft höher als in anderen Orchestern. Eine willkommene oder eher lästige Herausforderung?
Sehr willkommen! Ich liebe Abwechslung, möchte herausgefordert werden. Die Vorbereitung ist häufig viel zeitintensiver, da öfter unbekanntere Werke auf dem Programm stehen. Gerade nicht „nur“ Standardwerke zu spielen macht Freude. Wobei natürlich auch die großen bekannten Werke, gerade mit Chor, großartig sind. Auch die vielfältigen Möglichkeiten in kleineren Besetzungen zu spielen (Clara-Konzerte in Schulen, ganze Kammermusikkonzerte mit Kollegen, kleine Auftritte für den Freundeskreis oder die Seniorentreffen des MDR) sind eine willkommene Herausforderung.

Dirigentenfragen! Zwei Extreme: Klare, fordernde Strenge oder offener Arbeitsplatz mit viel Austausch im Konzert-Moment? Wie sollte ein Orchester dirigiert werden, damit das Konzert eine Sternstunde für das Publikum wird?
Für mich vermutlich so: klare Ansagen und eher strengere Anforderungen in den Proben und dann im Konzert locker lassen können und den Musikern vertrauen.
Ist es für dich ein Unterschied, ob Frau oder Mann vorn steht?
Sollte es nicht sein, aber dadurch, dass Frauen viel seltener Gastdirigenten sind, ist es dann doch immer eine Besonderheit. Allerdings ist qualitativ überhaupt kein Unterschied auszumachen!
Wie erlebst du in den Orchesterkonzerten die Verbindung zum Publikum? Inwieweit merkst Du, ob die Menschen von unserer Musik berührt werden?
Am ehesten, wenn man wirklich nah dran ist- in Altenheimen beim Weihnachtslieder spielen, in Schulen, bei Kammermusikkonzerten in kleineren Sälen. Man kann die Emotionen von den Gesichtern ablesen, es wird mitgehüpft oder eine Träne fließt. In großen Konzerten kann man aber auch viel mitbekommen- wie schnell startet der Applaus, wie intensiv und lang ist er. Gibt es Jubelrufe oder sogar Standing Ovations.
Die Coronakrise traf uns Musiker hart, von einem Tag auf den anderen war es (fast) still. Wie erlebtest du diese Zeit (damals warst du noch in einem anderen Orchester)?
Gruselig war es. Wir probten damals noch für ein Gastspiel, welches dann einen Tag vor Abfahrt abgesagt wurde. Die absolut richtige Entscheidung, damals fühlte es sich aber sehr seltsam und noch sehr weit weg an. Schnell war dann klar – es findet gar nichts mehr statt, viele Onlinetreffen mit Freunden und Kollegen haben da geholfen.
Wie und wo spielte für dich damals die Musik oder war alles still?
Tatsächlich habe ich es sogar auch ein bisschen genossen mal nicht Klarinette spielen zu „müssen“. Ich hatte Zeit für Hobbys wie nähen und andere kreative Dinge und keinen fremdbestimmten Alltag zu haben ist auch mal ganz nett. Vermutlich war das aber nur aushaltbar, weil man ja wusste es ist „endlich“. Die erste mal wieder Dienste mit Kollegen haben dann umso mehr Spaß gemacht!
Was denkst du: Haben die Nachwirkungen dieser Krise Auswirkungen auf das heutige Kulturleben in Deutschland und auch bei uns im kleineren, lokalen Raum?
Auf jeden Fall, vor allem direkt nach den Lockdowns. Treue Fans sind sofort wiedergekommen, alle anderen waren eher zögerlich. Und sicher hatten es sich auch alle daheim gemütlich gemacht, vorm Kamin oder Fernseher, da war es ja viel „anstrengender“ wieder das Haus zu verlassen. Mittlerweile hat sich das für mich wieder etwas entspannt, alles geht seinen normalen Gang. Meine Meinung: je interessanter und spannender die Konzertprogramme und die Solisten/Dirigenten, desto mehr Publikum.
Wo suchst du Ausgleich zum Musikerleben?
In viel Kreativem. Ich nähe, male kleine Aquarelle, sticke. Außerdem koche und backe ich sehr gern. Klischeehafte Hausfrauenhobbys 🙂 Viele Musiker suchen sich Ausgleich in Dingen die man sieht, so schön unser Beruf auch ist, so flüchtig ist er ja oft. Körperlichen Ausgleich suche ich im Sport, schwimmen und Krafttraining, sonst schmerzen die Schultern und der Nacken nach vielem Klarinettenpiel.

Gehört Musik ganz natürlich zu deinem Leben, ist es ein Lebensinhalt oder „nur Beruf“?
Natürlich ist es Lebensinhalt. Ich kann mir ein Leben ohne gar nicht vorstellen, Klarinette spiele ich immer noch sehr gern! Was mir auch immer wieder sehr gut gefällt- Orchestermusiker sein ist ein sehr sozialer Beruf, wir verbringen viele Stunden miteinander, sind aufeinander angewiesen und erschaffen etwas gemeinsam. Das schweißt zusammen!
Das ist sehr schön gesagt! Letzte Frage: Wo siehst du dich in 30 Jahren?
Kurz vor der Rente und hoffentlich immer noch fit am Instrument und mit Spaß bei der Sache!
Das hoffen wir auch! Vielen Dank für deine Antworten und alles Gute!
Das Gespräch führte Susanne Schneider
Schönes Interview und Herzlichen Glückwunsch zum bestandenen Probejahr! 🙂
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