Romantisch – Reinecke in Suhl

Am kommenden Wochenende wird ein Solobläser des MDR-Sinfonieorchesters im Konzert vor das Orchester auf die Bühne treten. Christian Sprenger spielt in Suhl Carl Reineckes Konzert für Flöte und Orchester. 

Lieber Christian, eines der schönsten romantischen Flötenkonzerte steht auf dem Programm in Suhl und das nicht ohne Grund. In diesem Jahr jährt sich der Geburtstag des Komponisten zum 200. Mal. Carl Reineckes Leben ist eng mit Leipzig verknüpft, 35 Jahre lang war er Gewandhauskapellmeister und doch war er nicht immer glücklich mit der Stadt, du warst in der Vorbereitung auf dieses Konzert nochmals auf seinen Spuren in der Stadt unterwegs. Was hast du Spannendes zu berichten? Wird dieser runde Geburtstag Reineckes in Leipzig gefeiert?

Natürlich wird Carl Reinecke in diesem Jubiläumsjahr in Leipzig ein gebührender Platz eingeräumt. Einige seiner Werke werden vor allem in seiner damaligen Wirkungsstätte, dem Leipziger Gewandaus, aufgeführt oder neu aus der Taufe gehoben. Dramaturgische Unterstützung gibt es dabei von seinem Ururenkel Stefan Schönknecht, der ein kleines aber feines Reineckemuseum in Leipzig betreibt.
Ein Besuch dort ist sehr empfehlenswert, kann man doch durch die sehr inspirierte Führung wunderbar in das bewegte und vor allem lange Leben Reineckes eintauchen. Obwohl sein Nachlass im Krieg fast völlig zerstört wurde, konnte noch erstaunlich viel zusammen getragen werden.
Ich freue mich, dass ich dem Suhler Publikum mit meinem Orchester und mit dem Flötenkonzert von Carl Reinecke ein Stück interessante Leipziger Musikgeschichte präsentieren darf.

Was ist der besondere Reiz an diesem Konzert, warum zählt es zu den schönsten Flötenkonzerten?

Naja, es gibt ja im Verhältnis zu anderen Instrumenten recht wenig romantische Literatur für Flöte, da freuen wir Flötisten uns über jedes verwertbare Stück.
Das Reinecke-Konzert ist allerdings deutlich mehr, als nur verwertbar und deshalb in den letzten Jahren auch zunehmend häufiger in den Konzertprogrammen oder mit verschiedenen Interpreten auf Tonträgern zu finden.
Für mich liegt der Reiz bei allen drei Flötenwerken Reineckes: der Ballade, der „Undine“ Sonate und dem Flötenkonzert in seiner sehr eigenen Klangsprache und Ausdrucksweise, die, wie viele seiner Kompositionen, stark inspiriert ist von einer reichen Märchen-, Sagen,- und Mythenwelt. Im Flötenkonzert gibt es wunderschöne liebliche, düstere, geheimnisvolle, rezitativische und dramatische Stellen ganz im Geiste der romantischen Epoche.
Im Übrigen würde ich auch sagen: Reinecke hatte kompositorisch wirklich ein gutes „Händchen“ für die Flöte.

Das Radio-Interview mit Christian Sprenger finden sie auf der Website von MDR KLASSIK

Seit 1995 bist du Soloflötist im MDR-Sinfonieorchester, hast schon einige Konzerte mit dem eigenen Orchester gespielt, auch das Reinecke-Konzert war vor vielen Jahren schon mit dabei. Wie war es damals und wie ist es heute? Viele Jahre Erfahrung liegen dazwischen…

Allerdings! Es dürfte ungefähr vor 25 Jahren gewesen sein, dass ich es mit unserem Orchester spielte. Es war damals sehr aufregend, weil es eines meiner ersten Solokonzerte in einem großen ausverkauften Saal mit fast 2000 Leuten Publikum war. 
Spannend ist es heute immer noch, weil ich ja solistisch auch nicht so viel unterwegs bin, wie beispielsweise Solisten, die das quasi hauptberuflich machen. Trotzdem denke und hoffe ich, dass meine interpretatorische Auseinandersetzung mit Solokonzerten und Musik im allgemeinen heute eine reifere und erfahrenere sein wird. Inzwischen habe ich auch den Mut, mich bewusst über gängige Spielarten oder Moden hinwegzusetzen, wenn es meiner Meinung nach der Interpretation zuträglich ist oder ich einen ganz bestimmten Ausdruck erzeugen will. 
Erstaunt und dankbar bin ich, dass man auch nach so vielen Berufsjahren immer noch neue Aspekte in den guten und großen Werken der Musikgeschichte entdecken kann. 

Christian Sprenger vor einem Jahr im ausverkauften Gewandhaus beim Benefizkonzert für die Leipziger Kinderkrebshilfe. Damals spielte er das Flötenkonzert von Einojuhani Rautavaara. (Foto: privat)

Die Vorbereitung auf ein Solokonzert ist noch einmal viel intensiver als der normale Orchesterdienst. Wie lange brauchst du dafür Vorlauf und was ist das besondere an so einer Vorbereitungszeit?

Das hängt natürlich vom Konzert und der entsprechenden Schwierigkeit ab. 
Ich bin vor vielen Jahren schon einmal für eine Transkription der Vivaldi Jahreszeiten für Flöte innerhalb von drei Tagen erfolgreich eingesprungen. Das war dann allerdings wirklich richtiger Stress.
Wenn die Anfragen langfristig genug sind, schaffe ich mir immer mal ein bis zwei Wochen, in denen ich intensiv daran übe, um es dann wieder einige Zeit wegzulegen. Eine Phase davon ist dann auch das Auswendiglernen, wenngleich ich mir im Konzert selbst dann trotzdem die Noten hinstelle. Das gibt mir die nötige Sicherheit bei optimaler Freiheit im gemeinsamen Musizieren mit dem Orchester und dem Dirigenten. 

Du bist kammermusikalisch und solistisch sehr vielseitig aktiv. Was werden deine nächsten Höhepunkte im Konzertkalender sein?

In meinen inzwischen 34 Berufsjahren konnte ich die Erfahrung machen, dass sich Zeiten mit vielen und großen Aktivitäten abwechseln mit Zeiten, wo weniger los ist. Tatsächlich gibt es für die nächste Zeit neben meiner Orchestertätigkeit noch nicht allzuviele Pläne. Erfahrungsgemäß füllt sich aber der Terminkalender kurzfristig schneller als man denkt.
Fest stehen bisher zwei Konzerte im Frühjahr mit dem von mir vor 28 Jahren gegründeten Querflötenensemble Quintessenz sowie eine Einladung Anfang 2025 in die Schweiz.
Dann gibt es eine Wiederaufnahme von drei weltlichen Bachkantaten mit der Kammersymphonie Leipzig z.T. auch szenisch und im MDR Musiksommer spielen wir zum wiederholten Male eine Kammermusikfassung der Zauberflöte ohne Sänger mit Flöte, Streichtrio und einem Schauspieler.

Vielen Dank, lieber Christian und viel Spaß und Erfolg im Konzert in Suhl!


Nach der Pause wird Robert Schumanns 4. Sinfonie erklingen.

Das Programmheft zu diesem Konzert können Sie wie immer im Voraus bei mdr-Klassik herunterladen (da die Links immer nur kurzzeitig verfügbar sind, packen wir sie zwar in unsere Instagramstory aber nicht hier in den Blog. Vielen Dank für Ihr Verständnis!) Das Konzert wird leider nicht aufgezeichnet.

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