Das #MusikERleben wird mit zunehmendem Alter immer schöner…

Zum Spielzeitende noch ein Abschied vom MDR-SINFONIEORCHESTER, diesmal in den ersten Violinen. Vera Hilger wechselt aus dem aktiven Orchesterdienst in den Ruhestand. Wie so viele Rundfunkmusiker, sagte sie zum Abschied vor dem Orchester: „Ich wechsele nun die Seiten und werde im Publikum Platz nehmen, ich freue mich darauf und bin dankbar, Teil dieses Orchesters gewesen zu sein.“ 

Auch wir wünschen: Alles Gute, Vera, aber dürfen wir dir noch ein paar Fragen stellen?

Liebe Vera,

Bruckners Fünfte zum Abschluss im Gewandhaus, das letzte Konzert ist gespielt, Blumen zum Abschied überreicht, eine Produktion steht noch an, dann beginnt für dich ein neuer Lebensabschnitt, der sogenannte Ruhestand. Du wolltest keine großen Reden zum Abschied und ich verstehe das sehr gut. Bei uns im Orchesterfreunde-Blog ist es ja immer etwas anders… Wir fragen immer, ob wir zum Abschied oder nach einem bestandenen Probejahr ein paar Fragen stellen dürfen und wenn gesagt wird: „Mach mal!“, legt ein Autor/eine Autorin los, gibt ein paar Fragen an die Hand und die Musikerin/der Musiker antwortet mit dem, was erzählt werden will. Wir freuen uns auf alles, was du zu erzählen hast.

Wie kamst du zu deinem Instrument, der Violine und wo begann dein musikalischer Weg? 

Mein Vater war ein großer Musikliebhaber und spielte in seiner Freizeit Geige. Dieses Instrument hat mich von Anfang an fasziniert und das wollte ich unbedingt auch lernen. Ganz am Anfang stand aber die Blockflöte. Im Alter von 9 Jahren durfte ich dann in der Volkskunstschule Jena auf meinem Trauminstrument mit dem Unterricht beginnen. 

War es aus heutiger Sicht die perfekte Wahl oder hättest du gern auch anderen Instrumenten mehr Zeit geschenkt? 

Mein Trauminstrument ist die Geige bis heute. Ich spiele aber auch sehr gern Klavier und werde ihm in Zukunft mehr Zeit widmen.

Wann begann dein Leben als Orchestermusikerin?

Nach meinem Studium in Weimar trat ich 1983 mein Engagement im Großen Rundfunkorchester Leipzig an. 

Vera Hilger als Berufsanfängerin im Großen Rundfunkorchester Leipzig – Foto: privat

Die erste Station beim Rundfunk in Leipzig war das Große Rundfunkorchester Leipzig, später die Kammerphilharmonie. Wann genau kamst du zum Rundfunk in Leipzig und wie fandest du den Rundfunkbetrieb damals vor? Wie erlebtest du die Orchestervielfalt und spätere Fusion mit dem Sinfonieorchester, in dem du in den 1. Violinen spieltest?

Die große Bandbreite vom Konzert im Gewandhaus bis zur Unterhaltungssendung „Alte Liebe rostet nicht“ an entlegenen Orten der Republik war spannend und abwechslungsreich, aber auch herausfordernd für einen Berufsanfänger. In der Kammerphilharmonie des MDR konnte ich ein großes Repertoire der Klassik und des Barock kennenlernen. Nach einem holprigen Start, den Fusionen oft mit sich bringen, durfte ich im MDR-Sinfonieorchester dann große Sinfonik spielen. Ich konnte dadurch soviel Musik kennenlernen. Das ist ein wertvoller Schatz.

Was nimmst du mit aus diesem großen Lebensabschnitt in den Klangkörpern des Leipziger Rundfunks und heutigem Mitteldeutschen Rundfunk?

Die musikalischen Höhenflüge, die ich im Orchester erlebt habe, nehme ich als wunderbare Erinnerungen und Inspirationen mit in mein „neues“ Leben.

Gab es Lieblingskomponisten, Lieblingsdirigenten, Lieblingskonzertsäle…?

Mein Lieblingskomponist ist Johann Sebastian Bach. Da gibt es keine Frage. Und der aktuelle Lieblingsdirigent: DRD

Den schönsten Konzertsaal haben wir hier mitten in Leipzig und ich werde ab jetzt die Konzerte im Gewandhaus vom Publikum aus genießen…

Vera Hilger und ihr Mann Norbert vor wenigen Tagen beim Orchesterball des MDR-Sinfonieorchesters im Kupfersaal Leipzig – Foto: Adam Markowski

Wir kennen dich auch als leidenschaftliche Kammermusikerin. Was waren besonders schöne Höhepunkte?

Kammermusikalische Highlights erlebe ich immer wieder mit meinem Mann Norbert im Hilgerduo. Aber auch die Konzerte mit dem Kammerorchester Akademie Leipzig sind unvergesslich.

Das Hilger-Duo, Vera und Norbert Hilger, nach einem ihrer vielen Kammerkonzerte – Foto: privat

Die große Familie, Kammermusik, Unterrichten, Klengel-Akademie… all das gehört zu deinem #MusikERleben. Wirst du die Geige nun beiseite legen oder geht es einfach ohne Orchesterdienst weiter? Welche Leidenschaften neben der Musik begleiteten dich bisher und werden nun vielleicht mehr Raum finden?

Tatsächlich werde ich die Geige für ein Weilchen zur Seite legen.

Aber neue musikalische Pläne sind schon geschmiedet…

Ich bin eine leidenschaftliche Hobbyschneiderin und kann mich in meinem Nähkabinett jetzt so richtig „austoben“.

Vera Hilger bei der Verabschiedung vor dem Orchester – Foto: Adam Markowski

Wie hast du dich in all den Jahren an der Geige fit und motiviert gehalten? Was gibst Du den vielen jungen Kolleg:innen, die gerade einen hoffentlich langen Orchesterweg im MDR-Sinfonieorchester beginnen und dieses Orchester nun weiter prägen, mit, eine Stelle vielleicht über 40 Jahre lang auszufüllen?

Sich körperlich fit zu halten war die vielleicht schwerste Aufgabe. Der Job ist auch physisch sehr anstrengend, so dass oft nach den Proben kaum Muße ist für ausgleichende körperliche Aktivitäten. Trotzdem dranzubleiben, raus in die Natur zu gehen, Yoga oder ein Läufchen zu machen, war manchmal eine echte Herausforderung.

Auf der Geige spiele ich jeden Tag eine Bach Sonate/Partita. Das sind meine Etüden. Sie  erhalten die Fitness und auch die Freude am Musizieren.

Ich wünsche meinen jungen Kollegen, dass sie nie den Spaß an der Musik und am Spiel mit diesem tollen Orchester verlieren. Es ist wie ein Sog und die Konzerte entschädigen (fast) immer für eine anstrengende und auch mal nervenaufreibende Probenzeit.

Und: Das #MusikERleben wird mit zunehmendem Alter immer schöner…

Vera Hilger bei der Verabschiedung nach einer Probe zu Bruckners Fünfter – Foto: Adam Markowski

Vielen Dank, liebe Vera! Was für ein schöner Satz zum Schluss. Alles Gute für alles Kommende, wir sehen uns und erleben gemeinsam das, was kommt, ob nun im Publikum oder auf der Bühne.

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